Die Vickers Viking-Story

Die Vickers 600 Viking entstand aus einer 1944 herausgegebenen Studie zur Entwicklung einer Transportversion des berühmten Wellington-Bombers, vom dem zwischen 1936 und Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 11’461 Einheiten gebaut wurden.

Die Viking war das erste neuentworfene Passagierflugzeug britischer Produktion, welches nach dem Krieg in den kommerziellen Flugeinsatz gelangte. Die ersten drei Prototypen sowie das erste Serienmodell, die Viking 1A, verfügten noch über dieselben stoffbespannten Flügelaussenflächen, Motorengondeln sowie Fahrwerk der Wellington. Der erste Prototyp (G-AGOK) führte am 22. Juni 1945 von Wisley aus seinen Erstflug durch. Bis Ende des Jahres waren auch die beiden anderen Prototypen (G-AGOL und AGOM) fertiggestellt, welche bereits das kurvenförmig in den Rumpf übergehende Leitwerk der späteren Serienversionen hatten. Das britische Lufttüchtigkeitszeugnis erhielt die Vickers 600 Viking knapp ein Jahr nach dem Erstflug, nämlich am 24. April 1946. Von den 19 insgesamt erstgebauten Viking 1A erhielt British European Airways (BEA) deren 11 Maschinen. Bereits am 1. September konnte das Unternehmen die ersten Maschinen auf ihrer Paradestrecke von London-Northolt nach Kopenhagen einsetzen. Die Viking benötige dabei rund eine halbe Stunde weniger als die zuvor eingesetzen Douglas DC-3, so dass die Flugzeit auf 3 Stunden 25 Minuten verkürzt werden konnte.

Nach der Vickers 600 Viking 1A wurde die Version Viking 1 in 31 Einheiten gebaut, welche nun erstmals auch über einen Aluminiumflügel in konventioneller Schalenkonstruktion verfügten und wiederum hautsächlich an BEA gelieferten wurden. Zwischenzeitlich wurden fünf Viking 1A auf den Standard der Viking 1 umgerüstet und in die Karibik an British West Indian Airways (BWIA) verkauft. Bis zum Ende der Serienproduktion im Jahre 1947 wurden von der erfolgreichsten Version Viking 1B weitere 113 Maschinen hergestellt. Diese unterschieden sich von den bisherigen durch einen um 0,71 Meter verlängerten Rumpf. Erstmals wurden auch Maschinen des Typs Viking ins Ausland verkauft, so an Fluggesellschaften in Argentinien, Dänemark, Indien, Irak, Irland, Rhodesien und Südafrika. Ende der Fünfziger Jahre ersetzte die BEA ihre Maschinen allmählich durch moderne Vickers 700 Viscount mit Turbopropantrieb und verkaufte ihre Viking-Flotte grösstenteils an neue, in Grossbritannien immer mehr aufstrebende Charterfluggesellschaften. Durch verschiedene Umbauten konnte die Nutzlast der Viking in späteren Jahren um rund 500 Kilogramm gesteigert werden, so dass im Charterverkehr bis zu 36 Passagiere und mehr Fracht befördert werden konnten. Diese, auf Initiative der Eagle Aviation entstandenen Versionen, wurden inoffiziell Viking 3/3A/3B genannt.

Im Auftrag der Royal Air Force (RAF) wurden aus dem Grundentwurf der Viking die drei Versionen Vickers Viking C.2, Valetta und Varsity in relativ kleinen Stückzahlen gebaut. Die letztgenannte Version unterschied sich von allen anderen durch den Einbau eines Bugfahrwerkes anstelle des sonst üblichen Heckrades. Besonders zu erwähnen ist noch die G-AJPH, welche als fliegender Prüfstand für das Nene-Düsentriebwerk diente und am 6. April 1948 als erstes britisches Strahlverkehrsflugzeug abhob (Bild siehe weiter unten).

Im Sommer 1960 waren immer noch gegen einhundert Maschinen im Einsatz. Die zwei letzten Maschinen flogen dann allerdings in Frankreich bei der Transports Aériens Réunis (TAR), welche sie noch bis Mitte 1972 (!) als Frachter einsetzte.

Text: Werner Soltermann

 

 

Die letzten noch existierenden Vickers 600 Viking

G-AGRU c/n 112 ausgestellt im Brookland Museum, Weybridge/Grossbritannien in der ursprünglichen Bemalung der British European Airways (BEA)
G-AGRW c/n 115 ausgestellt auf dem Dach des McDonald’s Restaurant beim Flughafen Wien-Schwechat/Österreich in „fiktiven“ Austrian Airlines-Farben
G-AIVG c/n 220 abgestellt im „Musée Nationale de l’Automobile/Collection Schlumpf, Mulhouse“; im Juni 2004 zur Restauration und anschliessenden Ausstellung an den EuroAirport Basel-Mulhouse-Freiburg überführt
ZS-DKH c/n 121 ausgestellt im South African Airways-Museum in Johannesburg/Südafrika auf dem Rand Airport
J-750 c/n 261 ausgestellt in den Farben der Luftwaffe Pakistans im Museum der Paktistan Air Force in Faisal/Pakistan
T-9 c/n 163 ausgestellt in den alten Farben der Argentinischen Luftwaffe im Museo Nacional de Aeronautica in Buenos Aires/Argentinien

 

Die einzige Viking mit Jet-Triebwerken als Prototypträger des Nene-Düsentriebwerks im Jahr 1948.
Foto: E.J. Riding / Rod’s Aviation Photos